Comedyfestival in Karlsruhe – das ist wie „Kühlschrank in Schneewüste tragen“. Die 8 Comedians versuchten ihr Bestes, genau wie Karlsruhe. Aber Stimmung ist anders. Schon vor dem Auftritt einer der bekanntesten Comedians Deutschlands kam der Vorraum einer Ansammlung Kinogängern gleich, die sich mental auf einen sehr bewegenden Film vorbereiten. Vereinzelt traf man gut gelaunte Menschen an – mit einem zaghaften Lächeln auf den Lippen oder einem unterdrückten Lacher. Die Mehrheit hatte sich scheinbar vorgenommen alles daran zu setzen nicht zu lachen. Was bewegt Menschen dazu, sich ohne Bereitschaft zum Spaß einem 4-stündigen Comedyfestival auszusetzen?
Wie auf den meisten Massenveranstaltungen wurden im Vorraum Essen und Getränke verkauft – unter anderem Ramazotti. Es bestand also vielleicht noch eine geringe Chance auf Lacher. Die Karlsruher nahmen die Verpflegung jedenfalls dankbar an. Mit vollen Backen kommt man auch nicht in die Verlegenheit lachen zu müssen. Ich lausche. Kein Gelächter, keine gut gelaunte Stimmung in der Schwarzwaldhalle. Gleichmütige Anwesenheit. Es fühlt sich falsch an.
Der Gong ertönt. Plätze werden eingenommen. Der witzige Abend kann beginnen. Johannes Flöck moderiert die Show und lockert Karlsruhe ausgerechnet mit einer spaßigen Bemerkung zum humorlosen Karlsruhe auf. Ok. Die Masse lacht verhalten. Die Bemerkung, dass es nicht einfach ist Karlsruhe zu bespaßen bleibt nicht die Einzige des Abends. Tatsächlich kommt eine Art Stimmung auf. Ich sehe mir die Menschen zu meiner Rechten und meiner Linken an. Verkniffen starren sie zur Bühne und lauschen scheinbar gelangweilt den Gags der Komiker. Da! Ein Lachen links hinten – ein herausgequetschter, schriller Ton circa 2 Sekunden nach der Pointe. Hoffentlich findet diese Person nicht allzu viele Stellen lustig, sonst ist mein Trommelfell am Ende des Abends hinüber.
Ich sehe wieder nach rechts. Immer noch keine Regung im Gesicht der Frau neben mir. Sie bemerkt meinen Blick, ich lächle sie nett an. Das war wohl ein Fehler, jetzt schaut sie noch verkniffener drein.
Auch das Pärchen schräg vor mir hängt in den Sitzen, wie wenn sie gezwungen wurden an diesem Festival teilzunehmen. Mir stellt sich die Frage, ob diese Menschen tatsächlich keinen Spaß hatten oder ob das eine Variante des Freuens darstellt. Wahrscheinlich würden diese Humoristen bei einem Interview wild nickend bestätigen, wie amüsant dieser Abend doch war. Zu sehen war es nicht.
Nach etlichen gekonnt komischen Höhepunkten der Comedians und einigen Lachern des Publikums später, durften sich die Karlsruher in einer kurzen Pause von den Strapazen des ständigen Gelächters erholen. Eine aufgeheiterte Masse erwartend betrat ich den Vorraum. Ratlosigkeit machte sich in mir breit. Scheinbar hatte das 2-stündige Mundwinkel verziehen die Leute so angestrengt, dass sie das Gesicht durch herunterziehen der selbigen entspannen mussten. Anders konnte ich mir die immer noch bescheidene Stimmung nicht erklären. Das nenn ich Körperbeherrschung. Auch an dem Tisch an dem die Komiker Autogramme gaben, war eher Stimmung wie bei einer Essensmarkenvergabe.
Auf zur zweiten Runde. Die Laune der Dame neben mir hatte sich sichtlich nicht geändert und auch das hysterische Gelächter der Frau hinter mir war gelegentlich zu hören. Witzig fand die Masse dann wohl Dave Davis feat. Motombo Umbokko, ein Farbiger, der als lustigster Toilettenmann unter anderem Witze über die Hautfarbe von Menschen machte, das Publikum beleidigte und Einwanderer und ihr Bemühen in Deutschland zu bleiben hochnahm. Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
Die Letzte im Bunde war Cindy aus Marzahn. Noch bevor sie die Bühnenshow beendet hatte verließen die ersten Karlsruher den Saal. Fremdschämen kommt mir da in den Sinn. Als Cindy dann zum Ende kam standen immer mehr von ihren Plätzen auf und verließen fast fluchtartig die Lokation. Was ist den los mit den Leuten? Wo bleibt der Respekt den Künstlern gegenüber, die letzten 5 Minuten auszuharren? Cindy verließ die Bühne und Johannes Flöck bat nochmals alle Comedians für einen letzten Applaus auf die Bühne. Bekam das noch jemand mit? Einige wenige applaudierten und standen für die echt gute Leistung der Künstler auf. Der Rest war so damit beschäftigt mit ernster Miene die Halle zu verlassen, dass es mich an Flucht erinnerte.
Spaßiges Festival, schwieriges Publikum.